Über Nacherbschaften, Nachvermächtnisse und Besitznachfolgerechte

Interessenslage:

Es gibt durchaus Fälle, in denen ein Erblasser oder Geschenkgeber Interesse haben kann, nicht nur den unmittelbaren Erben oder Geschenknehmer zu bedenken, sondern darüber hinaus auch zu regeln, wer das Vermögen in weiterer Folge erhalten soll. Dabei geht es nicht nur darum, große Vermögen durch generationenübergreifende Nachfolgeregelungen „zusammenzuhalten“. Auch komplexe Familienverhältnisse, wie etwa Patchworksituationen, können Nachfolgeregelungen sinnvoll machen. Beispielsweise zur langfristigen Sicherung eines Stammvermögens, zur Sicherung einer Wohnung, zur Altersversorgung oder zur Erfüllung von Pflichtteilen.

Nacherbschaft, Nachvermächtnis:

Letztwillig angeordnete Nachfolgerechte („fideikommissarische Substitution“) sind seit langem anerkannt und gesetzlich geregelt. Bei der Nacherbschaft (§§ 608 ff ABGB) bestimmt der Erblasser sowohl einen Vorerben als auch einen Nacherben. Der Nacherbe erbt nach dem Vorerben, und zwar – je nach Anordnung des Erblassers – entweder nach dem Tod des Vorerben oder bei Eintritt einer vom Erblasser bestimmten Bedingung oder Befristung. Bis zum Eintritt dieses Nacherbfalls ist das Eigentumsrecht des Vorerben beschränkt. Und zwar – wiederum je nach Anordnung des Erblassers – entweder so stark beschränkt, dass dem Vorerben nur Rechte wie einem Fruchtgenussberechtigten zustehen und der Vorerbe nur mit Zustimmung des Nacherben über die Vermögensstücke verfügen kann. Oder aber bei der Nacherbschaft auf den Überrest so wenig beschränkt, sodass der Vorerbe unter Lebenden frei über das Vermögen verfügen und nur keine letztwilligen Anordnungen treffen kann, sodass der Nacherbe das erhält, was bei Eintritt des Nacherbfalls übrig ist. Dazwischen hat der Erblasser für die konkrete Ausgestaltung der Rechte und Pflichten des Vorerben und des Nacherben einen Spielraum. Zum Bespiel kann er anordnen, dass der Vorerbe bestimmte Vermögensstücke zwar zu Lebzeiten verkaufen darf, der Nacherben aber Anspruch auf einen Teil des Verkaufserlöses hat.

Auch ein Nachvermächtnis (§ 652 ABGB) über bestimmte Vermögensstücke ist möglich; die Bestimmungen über die Nacherbschaft sind darauf sinngemäß anzuwenden.

Besitznachfolgerechte:

Vor allem in Schenkungs- und Übergabeverträgen werden solche Nachfolgerechte häufig auch vertraglich begründet. Die Judikatur erachtet diese sogenannten Besitznachfolgerechte als zulässig, sofern sie der Nacherbschaft nachgebildet sind. Derartige Besitznachfolgerechte können zwischen Geschenkgeber und Geschenknehmer (Ersterwerber) zugunsten eines Nachfolgers vereinbart werden. Je nach Vereinbarung beschränken sie das Eigentumsrecht des Ersterwerbers entweder stark, analog zur vollen Nacherbschaft mit einer einem Fruchtgenussberechtigten ähnlichen Rechtsstellung des Ersterwerbers, bis zu freien „Besitznachfolgerechten auf den Überrest“, die dem Ersterwerber nur Verfügungen von Todes wegen nicht erlauben.

Grundbücherliche Anmerkung von Nachfolgerechten:

Ist Liegenschaftsvermögen von einem Nachfolgerecht betroffen, kann das Nachfolgerecht zugunsten des Nachfolgers im Grundbuch angemerkt werden. Der genaue Inhalt und Umfang des verbücherten Nachfolgerechts (volle Beschränkung bis zum Nachfolgerecht auf den Überrest) muss sich aus den Bestimmungen jener letztwilligen Verfügung (Testament) oder jenes Vertrags (z.B. Schenkungsvertrag) ergeben, die bzw. der die Grundlage für die Eintragung im Grundbuch bildet. Die grundbücherliche Anmerkung hat auf die konkrete Bestimmung zu verweisen. Durch diese Anmerkung wird das Nachfolgerecht publik und der Nachfolger erhält ein Recht, das einem dinglichen Recht ähnelt.

Besonders wichtig: eindeutige und präzise Formulierungen:

Bei der Begründung von Nachfolgerechten ist besonders darauf zu achten, dass nicht nur die formellen Gültigkeitsvoraussetzungen der letztwilligen Verfügung oder des Schenkungsvertrags erfüllt sind, sondern die Rechte und Pflichten des Ersterwerbers und des Nachfolgers sowie die Bedingungen oder Befristungen, bei deren Eintritt das Nachfolgerecht wirksam werden soll, mit Sorgfalt eindeutig und präzise formuliert werden. Unklarheiten sind nämlich so auszulegen, dass die Freiheit des Vorerben/Ersterwerbers, über das Eigentum zu verfügen, am wenigsten eingeschränkt wird (§ 614 ABGB).